Foto: Olena Iskorostenska
Januar 10, 2023

“Wenn ich mehr als sieben Tage weg bin, bekomme ich Heimweh nach Frankfurt”

Artikel über steigende Lebensmittel- und Energiepreise und kletternde CORONA-Inzidenzen sind leicht zu schreiben. Selbst Berichte über den arabischen Geschäftsmann, der eine Million für den qatarischen Umhang geboten haben, den Lionel Messi bei der Fußball WM geschenkt bekam, sind schnell gemacht: Ein bisschen Recherche hier, ein bisschen Hintergrundwissen da und fertig ist der Artikel. Schwieriger finde ich es, über mich selbst zu schreiben.

Aber, ich habe mich nun einmal dafür entschieden Journalist zu sein und so traue ich mich auch an diese Aufgabe. Wer bin ich? Man kann mich als Exil-Journalisten beschreiben, der ein außergewöhnlich großes Interesse an seiner neuen Heimatstadt Frankfurt am Main entwickelt hat. Egal, wo ich hinfahre: Nach spätestens einer Woche bekomme ich Heimweh nach Frankfurt. Meine Verwandten machen sich schon über mich lustig und gerne erinnern sie sich auch an meine Angewohnheit als Kind, Unmengen von Fragen zu stellen. Sie berichten von Fragen wie „Wo geht die Sonne schlafen?“ und „Warum kann der Vogelstrauß weder fliegen noch Lasten tragen“ und sie erklären damit, weshalb ich Journalist geworden bin.

Naja, offiziell begonnen habe ich meine journalistische Laufbahn in der Wirtschaftsredaktion einer kleinen Radio-Station in Herat, in Afghanistan. Später wechselte ich zu Tolo TV. Für meinen Master zog ich nach Indien und absolvierte ein Studium in englischer Literatur mit einer Spezialisierung in „Medien und Kommunikation“. Zurück in Herat moderierte ich ein wöchentliches Radio-Magazin und wurde Redaktionsmitglied einer Zeitschrift.  Leider war ich bald gezwungen, meine Heimatstadt und meinen Enthusiasmus für den Journalismus dort zu verlassen. Vor rund acht Jahren kam ich nach Deutschland und in der ersten Zeit bestand Frankfurt für mich aus der Strecke Fechenheim bis Zeil; denn ich kannte nur die Tram Nummer 11. Stück für Stück erweiterte sich mein Horizont. Westend, Bockenheim und Hoechst kamen in meinen Radar.  Ich fand wichtige Freunde: Jutta, Ramin, Baran, Massoud, Martina, Sonia und viele andere; Bekannte, Schulfreunde, Arbeitskollegen. Sie sind es, die Frankfurt zu meiner zweiten Heimat machen. Es ist ein gutes Gefühl, verbunden mit der Hoffnung, dass die Zukunft viel Gutes bereithält. Das ist es, was ich in meiner Arbeit, in meiner Art zu schreiben und zu berichten für unsere Leser und Leserinnen von Amal vermitteln möchte. Amal heißt Hoffnung.