Oktober 16, 2024

⚠️ Freilaufende Journalist:innen!

In Hamburg läuft derzeit die Hamburger Woche der Pressefreiheit und parallel dazu findet das Exile Media Forum 2024 statt. Natürlich ist Amal dabei. Exilmedien und Pressefreiheit sind Themen, die uns interessieren und …wir haben eine Meinung darüber.

 

Thema Pressefreiheit

Für diesen Newsletter haben wir drei Aspekte zum Thema Pressefreiheit aufgegriffen: Zunächst geht um das heikle Thema Meinungsfreiheit nach dem 7. Oktober, dann um die Notwendigkeit, miteinander zu sprechen und schließlich um eine neue Studie zum Thema Exil-Journalismus. Ganz zum Schluss (Vorsicht Cliffhanger!) haben wir noch ein paar Appetithappen von der Amal-on-Tour in Württemberg. Sie ahnen es bestimmt: Brezeln und Maultaschen, Amal-Style.

„Ich bin aus Syrien geflohen, weil es dort keine Freiheit gab und man nichts sagen konnte. Ich kam nach Deutschland und was ist das? Hier gibt es auch viele Sachen, die man nicht sagen darf. Das ist nicht Demokratie, das ist eine Enttäuschung!“

So der Kommentar eines Lesers auf unserer Facebookseite. Er spricht aus, was viele denken und sich – allzu oft – nicht zu sagen trauen.

Tabu-Thema Israel/Gaza/Krieg im Libanon

„Am besten sagt ihr zu dem Thema gar nichts, wenn Deutsche dabei sind. Gibt nur Stress!“

so der Rat, den viele aus der arabischen Community im Moment hören. Das ist ein schlechter Zustand und wir müssen dringend etwas unternehmen, dass aus der Vorsicht, nicht antisemitisch sein zu wollen, nicht Schweigen wird und sich Teile der Bevölkerung nicht mehr öffentlich zu Wort melden.

Also reden wir: Ahmad Kalaji beschäftigt sich in seinem Reel diese Woche mit dem Thema Pressefreiheit. Er postet ja immer auf Instagram und guckt diese Woche auch auf Instagram. Auf die Accounts von unserer Regierung, um genau zu sein. Eigentlich ist es ein Beispiel von Meinungsfreiheit, so seine Überlegung, dass es bislang möglich war, Bundeskanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock direkt auf Social Media die Meinung zu schreiben. Zuletzt ging es in den Kommentaren, egal zu welchem Thema die Posts der Politiker:innen waren, eigentlich nur noch im Gaza. Ahmad Kalaji sieht das als gutes Zeichen: „Da wird diskutiert. Das ist Demokratie. Aber was bedeutet es nun für unsere Demokratie, dass zuletzt kurzfristig Kommentarfunktion geschlossen wurde?“, fragt er: „Ist damit auch die Demokratie kurzfristig abgeschaltet worden?“.

Reel von Ahmad Kalaji
Sein Reel ist gut angekommen und so hat er gleich noch eins nachgelegt. Diesmal spießt er die Frage der deutschen Waffenlieferungen an Israel auf. Wer hat wann wie viel geliefert oder nicht geliefert?
Reel von Ahmad Kalaji

Nicht hinter Emojis verstecken

Schaut man sich die Reaktionen an, die Ahmad auf seine Reels bekommen hat, wird klar: Wir müssen reden. Am besten persönlich, denn dieses Versecken hinter Fantasienamen und Emojis macht die Diskussion nicht besser. Am besten ist eine offene Diskussion wie zum Beispiel der Amal Salon, den wir am Samstag in Frankfurt abgehalten haben. Das Team von Amal, Frankfurt! diskutierte mit den Gästen, die zur Eröffnung des neuen Crespo-Hauses gekommen waren. Hier wurde klar, dass Respekt und Teilhabe wichtige Faktoren sind, damit Integration gelingt. „Ich bin gerne bereit, mich an das Leben in Deutschland anzupassen. Ich möchte aber auch, dass die Menschen hier sich für meine Kultur interessieren!“, so Parwiz Rahimi.

Journalismus und Flucht

Der 7. Oktober hat für viele in Deutschland lebende Araber viel verändert. Das gilt ganz besonders auch für Journalist:innen, die hier im Exil leben. Das belegt eine Studie, die gestern beim Exile Media Forum vorgestellt wurde. Im Auftrag der Körber-Stiftung hat die Salzburger Professorin Hanan Badr die verschiedenen Exil-journalistischen Communities in Deutschland beschrieben: Was treibt sie um? Was verbindet sie? Welche Unterschiede zeigen sich?  Amal ist stolz, dass unsere Meinungen und Expertisen in diese Studie eingeflossen sind.

Die Studie bietet interessanten Zahlen: So erfährt man, dass die Anzahl der Journalist:innen im Exil in Deutschland in den vergangenen drei Jahren rapide angestiegen ist und dass die afghanische Community derzeit an Platz eins und die russische Community an Platz zwei liegt.

Aufschlussreich ist auch die Schlussfolgerung von Hanan Badr zum Thema Chancen und Herausforderungen von Exil-Medien: „Für viele ist es schwierig, in Deutschland ihre Existenz aufzubauen. Es gibt Probleme mit dem Aufenthalt, mit Visa und für manche spielt auch transnationale Repression durch ihre Heimatländer eine große negative Rolle“, sagt sie. Exil-Journalist:innen seien eine sehr diverse Gruppe: „Manche arbeiten für Medien in Ihren Ländern oder für Exil-Medien, die von Deutschland aus für die Herkunftsländer berichten, andere arbeiten in Diaspora-Medien, die – wie zum Beispiel Amal – für die Exil-Communities in Deutschland berichten“. Auch was die Unterstützung durch die Bundesrepublik angeht, gibt es große Unterschiede. „Da geht es um Aufenthalt und auch um Förderung. Je nachdem, welche geostrategische Wichtigkeit die Herkunftsregion hat, gibt es mehr oder weniger Fördermittel für Exil-Medien. Russland hat für Deutschland da eine hohe Wichtigkeit. Manche arabischen Länder, wie zum Beispiel Sudan, Jemen oder auch Gaza, wo die Verfolgung von Journalist:innen auch stark ist, ist da weit unten auf der Skala“, sagt sie.

Hier geht es zum Download der Studie.

Freilaufende Journalist:innen

Zur Freiheit der Presse gehört noch etwas anderes: Zeit und Gelegenheit, Neues kennenzulernen, unbekannte Gegenden auszukundschaften und Abenteuer zu erleben. Genau das macht im Moment das Team von Amal, Berlin! im Gebiet der Landeskirche Württemberg. (Jetzt bitte keine Flachwitze darüber, dass für Berliner die Begegnung mit Schwaben gar nichts Besonderes ist, weil es in der Hauptstadt von diesen nur so wimmelt….). Tatsächlich gibt es viel zu entdecken und (jetzt der angekündigte Cliffhanger) Sie können gespannt sein auf die Erlebnisse mit einer Familie aus Afghanistan, die im Kirchenasyl lebt, einer Schriftstellerin aus Syrien, die gerade ein Buch veröffentlicht hat und einer Nachrichtenredaktion, die ähnlich arbeitet wie Amal. Ende des Monats gehen unsere Stories online.
 

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